Politische_Oekonomie
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Politik und Kontrolle der Geldmenge

 

Die Störung der Einheit von Politik und Geld hat mannigfache Erscheinungen. Eine charakteristische sind die „Staatsverschuldungen“. Eine feststellbare historisch permanente Erscheinung einer Politischen Ökonomie, deren charakteristisches Merkmal immer mehr durch „Geld, durch immer mehr Geld“ bestimmt wurde und wird.

 

Nathan Mayer Rothschild (1777-1836): „Mir ist es egal, welche Marionette auf dem Thron von England sitzt und ein Imperium regiert, wo die Sonne nie untergeht. Der Mann, der die Geldmenge Britanniens kontrolliert, kontrolliert das Britische Imperium, und ich bin der Mann, der die Geldmenge Britanniens kontrolliert.”

 

Es ist die Politische Ökonomie, welche als „Kapitalismus“ verstanden und bezeichnet wird. Sie bedingt einerseits die Übertragung von Macht auf Beauftragte von Verfügungsmächtigen (auf den von ihnen gewählten „Staat“) und andererseits die Beschränkung der Befugnis des „Staates“ über die Geldmenge, die Wahrung der Macht Verfügungsmächtiger (Finanzkapitalisten) darüber.

 

Carroll Quigley (1910-1977): „Die Befugnisse des Finanzkapitalismus hatte ein anderes, weit reichendes Ziel, nichts weniger als ein Weltsystem der Finanzkontrolle in privaten Händen zu schaffen, um das politische System in jedem Land und die Wirtschaft in der Welt als Ganzes zu beherrschen. Dieses System muss auf feudalistische Art von den Zentralbanken der Welt kontrolliert werden, gemeinsam, durch geheime Vereinbarungen, die in regelmäßigen Sitzungen und Konferenzen erreicht worden sind. Spitze des Systems wäre die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel, Schweiz, eine private Bank im Besitz der Zentralbanken der Welt.“ Der Schlüssel zu ihrem Erfolg, sagte Quigley, war, dass die internationalen Banken das Geldsystem einer Nation kontrollieren und manipulieren und diesem den Anschein geben wollten, das es von der Regierung kontrolliert werde. 

 

Auf dem G20-Gipfel am 2. April 2009 gab Gordon Brown, damals Premier von Großbritannien, eine „Neue Weltordnung“ bekannt. Diese „Weltordnung“ soll durch die Kontrolle der Geldmenge der Welt gelenkt werden.

 

Dass Geldmenge kontrolliert werden muss, für dieses Verständnis bedurfte es früher und auch heute nicht der Krisen. Freilich setzt(e) dieses Verständnis die Erkenntnis voraus, was mit Geld in welchen Zusammenhang und worauf Geldmenge wirkt und was als „Kontrolle der Geldmenge“ verstanden und bezeichnet wird. Denn es geht nicht um eine Geldmenge „an sich“ und auch nicht um deren Kontrolle „an sich“. Es ist die Geldmenge, die durch den „Wirtschaftskreislauf“ bedingt ist, der durch Geld vermittelt wird.

 

„Geldmenge“ nun „kontrollieren“ zu müssen, dieser Forderung liegt scheinbar ein neues Verständnis davon zugrunde. Scheinbar deshalb (neu), weil, so die Begründung des herrschenden Verständnisses, die „Geldmenge bisher unzureichend kontrolliert“ worden sei. Eine Kontrolle der von Politik unabhängigen Zentralbank(en)? Denn die Geldmenge werde doch durch die Zentralbank(en) kontrolliert, und die Geldmenge sei auch bei einer „Inflationsrate von 2%“ als kontrolliert zu verstehen. Weil aber nun dieses Verständnis (auch) eine „Inflationsrate von 4% oder mehr“ dann für notwendig erklärt, wenn damit die Wirtschaft wachsen könne, kann die Feststellung von einer (bisher) „unzureichend kontrollierten Geldmenge“ beliebig oder als Ausdruck eines gestörten Zusammenhanges von „Wirtschaftswachstum“ und „Preisstabilität“ verstanden werden.

 

In den mannigfachen Erscheinungen des gestörten Zusammenhanges von Politik und Ökonomie kommen nicht nur die Folgen der Krise und das Reagieren der Politik darauf zum Ausdruck. Politik reagiert mit dem herrschenden Verständnis von Politik und Ökonomie, das in den weltweit geltenden Regeln des „Systems of National Accounts“ (SNA) und für Europa in dem „Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen 1995“ (ESVG) sowie mit darin enthaltenen Definitionen zur Wirtschaft feststellbar ist (s.a. „Zu den Grundsätzen und der Methode des ESVG“). Die danach zu erfassenden und darzustellenden „definierten“ Daten seien Informationen zur „Volkswirtschaft“, zu deren Ergebnissen, wie diese zu „bewerten“ sind. Sie seien somit „Instrumentarien für Analyse und Politik“. Doch „Politik und Analysen“ mit diesen Instrumentarien haben nicht verhindert, dass die Krisen „überraschend“, „nicht voraussehbar“ zur Wirkung gekommen sind. Haben die weltweit geltenden Regeln und Definitionen zu Wirtschaft zum Beispiel eine „Kontrolle der Geldmenge“ nicht ermöglicht? Das „Vokabular“ der weltweit geltenden Regeln für die Darstellung und Analyse der Wirtschaft ist mit einem dafür ungeeigneten herrschenden Verständnis besetzt, und es wird von Politik in einem dafür ungeeigneten Zusammenhang verwendet. Deshalb kann auch festgestellt werden, dass das herrschende Verständnis von einer „Kontrolle der Geldmenge unzureichend“ nicht nur war, sondern auch noch ist. Denn, warum die „Geldmenge“ von wem „unzureichend kontrolliert“ wurde, warum Politik die (Finanz-)Märkte nicht (mehr) beherrscht, warum dieser Zusammenhang von „Wirtschaftswachstum“ und „Preisstabilität“ gestört werden konnte, gestört ist, diese Fragen bleiben unbeantwortet.

 

Wenn das, was bisher zu Obamas Finanzreform veröffentlicht wurde (SPIEGEL ONLINE vom 15.07.2010), ihr wesentlicher Inhalt ist, dann ist sie einmal ein Versprechen, zu kontrollieren und zu regulieren, und zum anderen, dass die Banken einen Sicherungsfonds anlegen müssen, mit dem „angeschlagene Banken“ geordnet abgewickelt werden sollen. Bemerkenswert ist aber, das in dieser Reform zum Ausdruck kommende Verständnis von einer „Geldindustrie“, also einer „Industrie“, welche Geld als Ware (Geldware) produziert und verkauft, und dieses Verständnis dazu sich nicht auf Kredite beschränkt. Freilich, nicht verstanden bzw. ignoriert wurde damit die Erkenntnis, dass die resultierenden Wirkungen des „Produzierens und Verkaufens“ von Geldware Ursache für sich wiederholenden Wirtschaftskrisen sind, die also die charakteristische Erscheinung der Politischen Ökonomie des „Kapitalismus“ sind. Übrigens: Die Forderung, „Risiken für das Finanzsystem frühzeitig (zu) erkennen“, sollte zumindest die einschließen nach einer Veränderung von Definitionen zu Daten „Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung“, zu deren Erfassung und Aufbereitung für „Politik und Analyse“.

 

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