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(Gunnar Heinsohn / Otto Steiger Metropolis-Verlag Marburg 2009 Sechste Auflage)

Eigentum, Zins und Geld

„Die Menschheit kennt nicht nur eine, sondern drei gesellschaftliche Grundstrukturen, die für die materielle – im Unterschied zur biologischen – Reproduktion bedeutend sind. An ihnen ist erst zu zeigen, inwieweit diese Reproduktion ökonomisch oder eben anders bestimmt ist bzw. was den Begriff der Wirtschaft konstituiert. Diese drei Grundstrukturen sind (1) die Solidargesellschaft des Stammes. (2) die Befehlsgesellschaft des Feudalismus und Realsozialismus sowie (3) die Eigentumsgesellschaft der Freien. Jede dieser Strukturen unterliegt eigenen Gesetzen, wobei die beiden ersten den Gesetzen von Sitte bzw., Befehl folgen. Allein die Gesetze der Eigentumsgesellschaft können durch das erschlossen werden, was als ökonomische Theorie zu bezeichnen ist.“ S. 17

 

„Die ganz unstofflichen Operationen der freien Verkaufbarkeit, vor allem aber der freien Belastbarkeit und Verpfändbarkeit von Eigentum im Kreditkontrakt liefern eine angemessene Theorie des Wirtschaftens erst ihren Stoff. . . .Eigentum ist ein abstraktes Ding. Man kann es nicht sehen, riechen, schmecken, anfassen. Was immer bei solchen Operationen verspürt wird, ist Besitz. Eigentum steht für einen Rechtstitel. Wann immer wir von Eigentum reden, ist dieser Titel gemeint.“ S 18/19

 

Den Erfolg des Buches Eigentum, Zins und Geld verdanken Heinsohn und Steger (H/S) ihren darin zum Ausdruck gebrachten Widerspruch zum herrschenden Verständnis. Schon allein deshalb sollte es gelesen werden. Dass die deutsche Meinungs-Besitzer-Szene kaum dagegen keift und hetzt (Peter Sloterdijk, Philosoph) weist aber darauf hin, dass ihr Widerspruch nur ein scheinbarer ist. Das ist deshalb nicht gleich zu erkennen, weil H/S ihre Theorie zwar logisch und in brillanten Formulierungen von einer Auffassung ableiten:

 

„Eigentum steht für einen Rechtstitel. Wann immer wir von Eigentum reden, ist dieser Titel gemeint“.

 

Doch ein Titel bezeichnet in der Rechtswissenschaft ein verbrieftes Recht, das nicht nur in materiellem Sinne begründet ist und weiterhin besteht, sondern gerade von einer Autorität verifiziert und perpetuiert wurde, um bei uneingeschränkter Anerkennung geltend gemacht werden zu können, ohne dass es weiter hinterfragt werden darf. Mit dieser Definition ist es H/S gelungen, dass sie mit dem Verbot des Hinterfragens nicht nur Eigentum als ein Rechtstitel, sondern so auch als Grundlage des Wirtschaftens bezeichnen können. Doch nicht nur deshalb ist auch (die Bezeichnung) Rechtstitel ein abstraktes Ding. Man kann ihn nicht sehen, riechen, schmecken, anfassen. Eine Bezeichnung wird nicht dadurch verständlich, dass sie mit einer anderen Bezeichnung erklärt wird.

 

Sie wird auch nicht dadurch verständlich, wenn H/S dem abstrakten Ding, ob als Eigentum oder Rechtstitel bezeichnet, freie Verkaufbarkeit, vor allem aber freie Belastbarkeit und Verpfändbarkeit als dessen Eigenschaft zuordnen, welche – so H/S - eine angemessene Theorie des Wirtschaftens erst ihren Stoff lieferten. Doch Eigenschaften sind weder frei noch unfrei und auch keine Operationen. Sie liefern auch nichts.

 

Diese widersprüchliche Grundlage ihrer (abstrakten) Theorie versucht nun H/S dadurch zu umgehen, dass sie nur für ein Gut, was durch Rechtsakt definiert ist, eine Eigenschaft des Begründens/Bestimmens der für den Zins relevante(n) Prämie festgestellt haben wollen. Für H/S ist Gut also ein Rechtstitel, der dann diese Eigenschaft habe, wenn er durch Rechtsakt definiert ist. Rechtsakt begründe die Eigentumsprämie. Eine Eigentumsprämie, welche wiederum – so H/S - in dem Vermögen von Eigentum, belastbar und verpfändbar sein zu können, bestünde, also im Vermögen (oder in der Eigenschaft?) eines abstrakten Dinges. So wird logisch verständlich, dass für H/S der Zins völlig unabhängig von Profit oder Reinertrag anfällt und selbst bei Verlusten des Schuldners zu leisten ist.

 

Auf dieser Grundlage baut H/S ihre Theorie auf. Sie ist deshalb kein Widerspruch zum herrschenden Verständnis. Sie ist Widerspruch zu den Erkenntnissen (Erkenntnis-Widerspruch) in welchen historisch kausalen Zusammenhang was und warum als Eigentum verstanden und bezeichnet sowie nicht nur zum herrschenden Verständnis, sondern auch zur Macht über die Lebensreproduktion wurde und ist.

 

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